Rotes Stüpfchin

Sigrun Menzel

Rotes Stüpfchin

Ich zupfe luftiges Krapprot in betonschwere Kanalisationsröhren auf der Möserstraße, Ecke gelbe Post zwischen den Jahren. Von vorn sieht es aus wie ein roter Punkt. Das ursprüngliche deutsche Wort für den Punkt ist der Stupf. Da, wo der Zirkel einen Stich oder Stupf macht, ist die Mitte des Kreises, das Stüpfchin oder Stüpflein. Geometrisch ist das Stüpfchin ein Ort ohne Ausdehnung; konkret ist er ein kleines Loch, ein unsichtbares Nichts und doch die Geburt des Kreises, der Ursprung des Ganzen. Der Kreis ist alles und er kommt aus dem Nichts. Ein Rätsel erwacht:

"Ich weiß nicht was ich bin
Ich bin nicht was ich weiß
Ein Ding und nit ein Ding:
Ein Stüpfchin und ein Kreiß."
(Angelus Silesius)

Rotes Stüpfchin

Goldener Faden

Durch Betonringe zieht sich unsichtbar ein goldener Messingfaden (Durchmesser 0,5mm). Ähnlich dem Sommerfaden, der sich unsichtbar von Halm zu Blume, von Ast zu Blatt über Ecken zieht, den jeder Hauch bewegt. Alles hängt am goldenen Faden. Jeder Betonring für sich an seinem Platz und mit jedem anderen verbunden durch eine goldene Kette. Sonnenlicht bringt Myriaden von Elektronen im Messingfaden in Schwingung, Licht fließt durch ...
Weckgläser

In Weckgläsern Eingemachtes, Eingewecktes ist Schlafengelegtes. Es erwacht und wird aufgeweckt, wenn das Glas geöffnet wird. Vier "geöffnete" Stangenweckgläser, sind mit Rot gefüllt und mit gläsernen Erdbeeren drauf. Sie liegen in Betonröhren.

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